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Neue Beschwerde

Eine Idee entgeistert Millionen

Der Media-Markt ist groß, sein Verhalten gegenüber Kunden aber selten gesund. Ein Besuch auf der Krankenstation eines Konzerns mit Blick auf die Beschwerden.

Gesetze und Regeln, so scheint es, gelten nicht für den Media-Markt. Das Unter­nehmen aus Ingol­stadt ist seit der Gründung 1979 zum nunmehr größten Elektro­nik-Händler in Europa gewachen, wie es stolz ver­kündet. Beim Kunden­service dürfte es aber Schluss­licht geblieben sein: Seit Jahren klagen dessen Kunden über ruppige Ver­käufer, mani­pu­lierte Preise und ver­weigerte Ver­braucher­rechte. Auch im Forum von ichbindochbloed.de.

Mit einer aggressiven Werbe­strate­gie ist es dem Unter­nehmen in den ver­gan­genen Jahr­zehnten gelun­gen, rasant zu wachsen und Wett­bewerber zu über­flügeln. Knapp 270 Filialen und rund 11.000 Mit­ar­bei­ter zählt es allein in Deutsch­land – etwa 3000 weniger als noch vor fünf Jahren. Die Mutter­gesell­schaft Ceconomy AG, zu der auch die Saturn-Märkte gehören, erzielte im Finanz­jahr 2020/21 einen Um­satz von 21,4 Mrd. Euro und ein Netto­ergebnis von 222 Mio. Euro (Quelle: Geschäfts­bericht).

Eine brüllende Wer­bung und Filialen, die wie Bau­stellen aus­sehen, täuschen dem Kunden das Bild eines Billig­heimers mit güns­tigen Preisen vor. Tat­säch­lich ist der Media-Markt selten billiger als Wett­be­wer­ber im statio­nären Handel. Er ist in der Regel sogar deut­lich teurer als Online-Händler. Viel­mehr ver­drängt er durch schiere Größe und die daraus resul­tierende Markt­macht kleinere Wett­bewerber und schädigt somit lang­fristig den Wett­bewerb vor Ort zum Nach­teil der Kunden.

Schöne Werbewelt: Der Schau­spieler lächelt für Geld. Kunden haben dagegen wenig zu lachen beim Media-Markt.

Immer wieder fällt der Media-Markt durch schlech­ten Kunden­service und Gesetzes­ver­stöße auf. Etwa, wenn Kunden defekte Waren beim Media-Markt rekla­mieren wollen. Nach Anga­ben der Ver­braucher­zentrale Bundes­verband von 2012 ver­weise der Elek­tronik-Händler in mehr als 80 Prozent der Rekla­mationen an den Her­steller – obwohl der gar nicht zustän­dig ist.

Hilft das nicht, bestritten die Media-Markt-Mit­arbei­ter den Defekt oder er­klären die „Um­tausch-Frist“ für abge­laufen. Damit führten sie Kunden gezielt in die Irre: Denn tat­säch­lich fordert der Kunde eine Gewähr­leis­tung aus Sach­mängel­haf­tung, nicht aber einem Umtausch wegen Nicht­gefallens. Ihre tat­säch­lichen Rechte als Kunde erklärt die Ver­braucher­zentrale auf dieser Sonderseite.

Die regel­mäßigen Klagen in diesem Forum legen nahe, dass sich an der Praxis des Unter­nehmens bis heute wenig geändert hat. Insider berichten sogar von gezielten Schu­lungen der Service-Mit­arbeiter, auch berech­tigte Ansprüche von Kunden zu bestreiten.

Wirtschaft­lichen Erfolg hat das zuletzt nicht ge­bracht. Bereits vor der Corona-Pande­mie schwächelte das Geschäft massiv. Ins­besondere der zuneh­mende Online-Handel setzt dem Unter­nehmen zu. Jahre­lange Stagnation, Quartals­verluste und immer wieder ver­fehlte Geschäfts­prognosen führten bereits 2018 zum Raus­wurf des Chefs der Mutter­gesell­schaft Ceconomy, Pieter Haas, und 2019 schließ­lich zu einem massiven Personal­abbau.

Die Corona-Pandemie hat die Probleme des Händlers noch ein­mal verstärkt. Während die Nach­frage nach Elek­tronik massiv stieg, fuhr der Handels­konzern im ersten Corona-Jahr einen Verlust von 237 Mio. Euro ein. Die Gründe: Während die Filialen viel­fach schließen mussten, konnte der eigene Online-Shop nicht mit dem Wett­bewerb mit­halten. Selbst der bei Dienst­antritt 2018 als Sanierer gefeierte CEO Ferran Reverter konnte keine Besser­ung erzielen. 2021 verließ er den Media-Markt wieder. Wie der Krieg Russlands in der Ukraine das Geschäft beeinflusst, ist noch unklar.